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Erste Ärztin des Mittelalters

Als Einführung in den reichhaltigen Themenkomplex der Hildegard von Bingen stelle ich Hildegards Verdienste im Bereich der Medizin und Heilkunde vor. Nicht umsonst gilt die Äbtissin aus Rheinhessen als „erste deutsche Ärztin“ überhaupt, da sie durch ihr reichhaltiges Wissen der Pflanzenheilkunde sowie praktischer Vorgaben diese als erste in unserer Region schriftlich niederlegte und es dabei geschickt verstand ihre Erkenntnisse mit der damals gängigen Praxis der klassisch lateinisch-griechischen Medizin zu kombinieren. 

 

Sie war eine Pionierin auf diesem Gebiet der Heilkunde und vertrat als erste das ganzheitliche Menschenbild in den Heilungsprozess mit ein. Sie erkannte die Einflüsse ihrer Umwelt auf die Gesundheit ihrer Mitmenschen, ihre Ressourcen und Verhaltensweisen, welche eine schnelle Genesung unterstützten. Für die Äbtissin provozierte ein negativer Lebenswandel eine negative Entwicklung zu einem negativen Wohlbefinden, was der Mensch hinlänglich als Krankheit bezeichnet. Für Hildegard war zudem die Natur nichts Fremdes oder der Feind, sondern eher der Freund und Helfer auf dem Weg zur Genesung. Sie orientierte somit ihre Heilpraxis an den zu Verfügung stehenden Ressourcen und nutzte die positiven menschlichen Anlagen eines jeden Individuums für seine Gesundung. 

Natürlich muss man aus dem zeitlichen Abstand und den Erkenntnissen der modernen Medizin manche Therapien und Diagnoseverfahren der damaligen Zeit als verfehlt und oder wirkungslos erkennen. Andererseits erkannte die Heilerin schon damals grundlegende Ansätze und Wirkungsketten die auch in der heutigen Medizin noch ihre Geltung behalten haben. Revolutionär ist auch der im Mittelalter völlig unbekannte Standpunkt der persönlichen Eigenheiten eines jeden einzelnen Menschen. Der Begriff des Individuums lag noch in weiter geschichtlicher Ferne, da erkannte Hildegard von Binden bereits seine enorme Wichtigkeit für Diagnose und Therapie.

 

So bilden die fünf Säulen einer gesunden Lebensführung den Kern der Hildegard-Heilkunde und sollen an dieser Stelle zum besseren Verständnis noch einmal aufgeführt werden.

 

 

 

1. Kräuterheilkunde:

 

Die Heilkraft umgibt uns

Die Natur bietet ein reichhaltiges Arsenal an die Heilung unterstützende Wirkstoffe, die sprichwörtlich am Wegesrand wachsen und nur aufgehoben werden müssen. Das Wissen um diese Heilpflanzen und ihre Wirkung stellt Hildegard in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung. Neben den Kräutern sind aber auch für uns völlig selbstverständliche Lebensmittel von medizinischer Bedeutung und besitzen in der richtigen Anwendung heilende Wirkung für den Patienten.


 

 

2. Ernährungslehre:

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Das Maß halten 

Die richtige Balance einer ausgewogenen Lebensführung ist der Schlüssel zu einem erfüllten und glücklichen Leben. Hildegard machte diese maßhaltende Lebensführung zu einem wichtigen Eckstein ihrer Heilkunde. Präventiv verhindert ein disziplinierter Lebenswandel bekanntlich auch heute vielerlei Krankheiten und Gebrechen. Die wichtigste Säule im deutschen Tugendkanon ist das maßvolle Leben und die Disziplin. Diese Tugend erkannte bereits Hildegard im Mittelalter als hilfreich für die Prophylaxe und Wiedergenesung des Menschen. 

 

 

3. Ausleitungsverfahren:

 

Der Ablass des Schlechten 

Dazu zählen so althergebrachte Verfahren wie der Aderlass oder das trockene oder blutige Schröpfen. Wie man auch bei den aufgeführten Ausleitungsverfahren darüber streiten kann inwiefern sie für eine Genesung des Kranken förderlich sein können ist eine weitere Prozedur  Hildegard wiederum sehr modern geworden, nämlich das Fasten. Für Hildegard die fest in ihrer Religion ruhte gehörte der Prozess der Entsagung zum Alltag dazu. Die Entschlackende und entgiftende Wirkung des Fastens ist jedenfalls in der Fachwelt unbestreitbar und hat sich als äußerst Wirkungsvoll für einen gesunden Lebenswandel erwiesen.

 

 

4. Regeneration des Organismus:

 

Das Leben im Rhythmus 

Revolutionär ist die Erkenntnis der Hildegard von Bingen das der Wechsel zwischen Ruhe und Bewegung wichtig für ein gesundes Leben sind. Lange bevor sportliche Aktivitäten in Mode kamen erkannte sie bereits die Wichtigkeit von regelmäßiger Bewegung für den menschlichen Organismus.   Hildegard ging sogar noch weiter und individualisierte den Anspruch auf körperliche Bewegung. Jeder Mensch hat unterschiedliche Ansprüche und Bedürfnisse und das Trainingsprogramm der sportlichen Betätigung muss somit auf jeden einzeln abgestimmt werden

 

 

5. Seelische Reinigung:

 

Der Geist im Einklang mit dem Körper

Der deutsche Tugendkanon war noch nicht erfunden und entwickelte sich erst langsam aus den ritterlichen Pflichten des frühen Mittelalters sowie den Erkenntnissen einer Hildegard von Bingen, die damit einen maßgeblichen Einfluss auf die Ausformung dieses Kanons hatte. Sie entwickelte 35 so genannte Tugend-Laster-Paare, die einander ausglichen. In der Praxis sollten die Laster reduziert und die Tugenden gefördert werden. Gebet, Meditation und Musik maß Hildegard dabei eine große Bedeutung bei und so entwickelte sie auch zahlreiche meditative Musikkompositionen, die bis auf den heutigen Tag erhalten geblieben sind.

 

Quelle: Gesund Leben mit Hildegard von Bingen von Melanie Schmidt-Ulmann

Hildegards Heilmittel

Die Äbtissin Hildegard von Bingen, mittlerweile von Papst Benedikt XVI. im Jahre 2012 heiliggesprochen, maß den Heilkräutern zur Linderung von Schmerzen sowie als Mittel zur Therapie

eine große Bedeutung bei. Die 10 wichtigsten Hildegard Kräuter sollen hier näher betrachtet werden.

 

Schafgarbe

 

Zur Beschleunigung der Wundheilung und Blutstillung sowie für die äußere oder auch innere Anwendung ist die Schafgarbe seit Alters her ein probates Mittel.

 

Hildegard lobte den Schafgarbensud als entzündungshemmendes Mittel für gereizte Haut oder Wunden. Für die innere Anwendung empfahl sie 30 Tropfen in einem Glas Wasser täglich.

 

Schafgarbenöl  sollte nicht bei offenen Wunden angewendet werden. Auch Allergiker oder schwangere sowie stillende Frauen sollten diese Heilpflanze meiden. Für alle anderen Patienten mit kleineren Wunden oder Hautentzündungen ist die Schafgarbe ein hilfreiches Arzneimittel.

 

Petersilie

 

Das bekannte "Küchenkraut" ist eigentlich seit langer Zeit ein beliebtes Heilmittel gewesen und wirkt positiv auf das Herz - Kreislaufsystem. Blutdrucksenkend kann Petersilie auch äußerlich als Umschlag zur Anwendung kommen und hilft bei Hexenschuss.

 

Der "Alleskönner" unter den Kräutern wirkt ebenso harntreibend wie entschlackend und ist deshalb besstens zur Entgiftung geeignet. Zur inneren Anwendung empfiehlt Hildegard einen Tee-Aufguss bei dem man einen frischen Bund Petersilie  10 Minuten in 500 ml Wasser ziehen lässt.

 

Esche

 

Der Weltenbaum der keltisch und nordischen Mythologie hat selbstverständlich auch heilende Wirkung auf Körper und Geist. Seine Blätter enthalten das antientzündlich wirkende Rutin und lindert dadurch hervorragend  rheumatische Beschwerden.

 

Hildegard nutzte den Eschen-Extrakt als mildes Abführmittel und auch gegen die "Wassersucht", heute unter dem Begriff Ödeme bekannt halfen die Blätter der Esche.

 

Bei äußerlicher Anwendung als Wickel hilft Esche gegen Cellulite und innerlich kann es regulierend auf den Cholesterinspiegel wirken.

 

Mutterkraut

 

Das im Mutterkraut enthaltene Parthenolid wirkt durch seine Gefäßentspannende Wirkung seit Alters her gegen Kopfschmerz, Migräne aber auch Menstruationsbeschwerden.

 

Ysop

 

Im Mittelalter verwendete man Ysop so häufig wie heutzutage Schnittlauch zum würzen von Speisen. Seine Heilkraft beruht auf seine abschwellende und schleimlösende Wirkung und ist somit sehr gut zur Linderung von Atemwegserkrankungen geeignet.

 

Bei schlechten Leberwerten können ihre Wirkstoffe die Regeneration beschleunigen und wirken somit auch positiv auf den Verdauungstrakt.

 

Lavendel

 

Wer von Stress und Schlaflosigkeit geplagt wird greift schon immer zu diesem bekannten Hausmittel, zumeist in Form von Tee.

 

Hildegard setzte dieses Kraut aber auch gern als Lavendelwein an und lobte seine durchblutungsfördernde Wirkung, warum er auch zur Linderung von Rheuma Verwendung fand.

 

Minze

 

Dank seinem hohen Anteil an Antioxidantien ist die Minze ein wahrer Jungbrunnen und diente schon zur Zeit Hildegard von Bingen als natürliches Schmerzmittel.

 

Bei Muskelschmerz und Migräne wirken das Menthol der Minze wohltuend und lindern die Beschwerden sehr schnell. Die häufigste Art ist hierbei die Pfefferminze, welche beruhigend auf Magen und Darm wirkt und somit gerne gegen Sodbrennen oder sonstige Verdauungsbeschwerden verwendet wird.

 

Brennnessel

 

Die harntreibende Wirkung dieses Krautes ist allgemein bekannt. Neben der Reduktion von Harnwegsinfekten hilft die Nessel aber auch gegen Arthrose und Gichtleiden. Ihre Brennhaare enthalten Gallus-, Essig- und Ameisensäure und fördern die Durchblutung.

 

Neben Vitaminen enthalten die Brennnesseln so wichtige Mineralstoffe wie Calcium und Silizium. Auch bei schlechter Gedächtnisleistung kann dieses Kraut hilfreich sein.

 

Salbei

 

Bei Problemen mit dem Zahnfleisch und anderen Entzündungen im Mund- und Rachenraum greift man gern auf Salbeitinkturen zurück. Weniger bekannt ist die vorbeugende Wirkung gegen die Alzheimer Erkrankung.

 

Antioxidantien und eine regulierende Wirkung auf Leber sowie die Blutfettwerte machen den Salbei zu einem wichtigen Heilmittel und sollte deswegen in keinem Kräutergarten fehlen.

 

Wermutkraut

 

Die Lieblingspflanze Hildegards gibt dem Absinth seinen unverkennbaren Geschmack. Seine Stärken liegen in der Linderung von Magenschmerzen, Blähungen und kolikartigen Beschwerden.

 

Wermutöl wurde in der Therapie einer Hildegard von Bingen bei Husten und Grippe sowie Rheumatischer oder arthritischer Schmerzen angewendet.

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Quelle: Gesund Leben mit Hildegard von Bingen von Melanie Schmidt-Ulmann

Die 10 wichtigsten Lebensmittel der Hildegard von Bingen

Der Dinkel

 

  • Die Getreidesorte weißt einen hohen Mineralstoffgehalt auf. Magensium, Eisen und Zink sowie Phosphor machen ihn besonders wertvoll.

  • Als Vitaminlieferant ist der Dinkel eine gesunde Alternative zu herkömmlichen Getreidesorten. A-, B- , B12 und E- Vitamine ist im Dinkel enthalten.

  • Der Dinkel ist daneben auch sehr Eiweißreich und enthält die so wichtigen essenziellen Aminosäuren, welche als Bausteine für Proteinen dienen.

  • Leichte Verdaulichkeit macht ihn auch für Gluten-Unverträgliche Personen interessant. Es gibt zwar geteilte Meinungen über diese Thematik, jedoch sollte jeder für sich Produkte aus Dinkel testen.

 

Als Beispiel für seine Anwendung soll hier der hausgemachte Dinkelkaffee:

 

Den Kaffee stellt man entweder in einer Pfanne oder dem Backofen her. Man röstet also Dinkelkörner bei mittlerer Hitze ohne Fett und Öl bis sie gleichmäßig braun sind. Es gilt die Regel: je dunkler die Dinkelkörner geröstet werden, desto stärker wird der Dinkelkaffee. Im Ofen sollte man ein Backblech verweden und den auf 230 Grad vorheizen.

 

Mit den fertig gerösteten Dinkelkörner kann man nun Kaffee zubereiten. Ein halber Liter Wasser und drei Esslöffel Dinkelkörner in einen Topf geben und zum kochen bringen. Nach 20 Minuten kann man den Sud durch einen herkömmlichen Kaffefilter abseien und nach 4-5 Minuten trinken. Dabei sollte man die verbliebenen Körner nicht wegwerfen. Man kann sie vier- bis fünfmal weiter verwenden wobei der dabei zubereitete Kaffe immer milder wird.

 

Der Hafer

 

Das Beta-Glucan des Hafers senken Cholesterin und Blutzuckerspiegel. Das ballaststoffreiche Getreide ist zudem gut für die Verdauung und sättigt schnell. Die ungesättigten Fettsäuren sind ein wertvoller Eiweißlieferant. Wie der Dinkel ist diese Getreidesorte reich an Mineralstoffen und Vitaminen.

 

Kichererbsen

 

In diesem Gemüse findet man Tryptophan, eine Vorstufe zu Serotonin, welches als stimmungsaufhellendes Hormon bekannt ist und gegen Depressionen und Ängste hilft. Wie die oben genannten Getreidesorten sind Kichererbsen reich an Mineralstoffen und Vitamin B. Vorzugsweise sollte man die getrocknete Variante in Salaten und Eintöpfen verwenden.

 

Trockenbohnen

 

Hildegard empfahl mehrmals in der Woche Bohnen auf den Speiseplan zu setzen. Die ballaststoff-, kohlenhydrat- und eiweißreiche Trockenbohnen wirken wohltuend auf die Darmflora und fördern das Wachstum guter Darmbakterien.

 

Esskastanien

 

Maronen sind wahre Vitaminbomben. Satte 13 von ihnen finden sich in diesen stärkehaltigen Früchten und auch besondere Mineralstoffe sind in ihnen enthalten. Mangan ist eines von ihnen, welches für die Bekämpfung Freier Radikaler bekannt ist und somit schützen Maronen vor Karzinosen und sonstigen tumorartigen Erkrankungen. Ebenso enthalten sie Kupfer, welches gut für die Bildung von Hämoglobin und Kollagen ist.

 

Fenchel

 

Für Hildegard war der Fenchel ein Allheilmittel. Reich an Mineralstoffen dient es durch seine harntreibende, entwässernde Wirkung zur Entgiftung des Körpers. Er ist schon immer für seine krampflösende Wirkung bekannt und hilft bei Menstruationsbeschwerden, da er auch die Östrogenproduktion stimuliert.

 

Flohsamen

 

Hildegard erkannte die abführende Wirkung dieser Samen, da sie im Darm das Fünf- bis Sechsfache ihres Volumens an Wasser aufnehmen können und so bei der Verdickung des Stuhls mithelfen, der wiederum die Frequenz erhöht sowie der Verstopfung vorbeugt. Flohsamen wirken zudem regulierend auf Herz-Kreislauf, den Cholesterin- und Blutzuckerspiegel.

 

Muskat

 

Für Hildegard war der Muskat das „Gewürz des Frohsinns“. Er wirkt Stimmungsaufhellend, klärt die Sinne und dämpft schädliche Laune. Der Muskat wirkt wohltuend auf Verdauungsapparat und hilft bei Darmproblemen. Zum würzen von süßen sowie herzhaften Gerichten wurde er bereits im Mittelalter verwendet. Sein warmer und leicht süßer Geschmack machte ihn rasch zu einer beliebten Zutat und verfeinerte so manches Gericht an europäischen Fürstenhöfen.

 

Galant

 

Galant stammt aus der Ingwerfamilie und wirkt stimulierend auf die Darmtätigkeit. Auch bei Magenschmerzen oder Sodbrennen findet es Anwendung und lindert sogar Schluckauf. Da der Geschmack des Galant an Pfeffer erinnert, kann er bei vielen Rezepten als Alternative dienen.

 

Milch

 

Für Hildegard empfahl im Sommer auf Kuhmilch zu verzichten und stattdessen zu pflanzlichen Alternativen zu greifen.

Zun den wichtigsten pflanzlichen Milchsorten zählen:

 

  • Mandelmilch

  • Kastanienmilch

  • Dinkelmilch

  • Reismilch

 

Sojamilch ist zwar auch ein pflanzlicher Milchersatz, wird aber aufgrund seiner schweren Verdaulichkeit, Allergie auslösenden und Schleim produzierenden Wirkung nicht in der Liste der Empfehlungen aufgeführt.

 

Zu weiteren wesentlichen Hildegard Gewürzen zählen auch die Bertramwurzel, Bockshornklee, Dill, Kreuzkümmel, Ingwer, Wasserminze und Merrettich zu denen in einem gesonderten Beitrag noch näher eingegangen wird.

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Quelle: Gesund Leben mit Hildegard von Bingen von Melanie Schmidt-Ulmann

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